Islay Scotch Whisky

Laphroaig 10 – Die weiße Welle

Mai 22, 2020
Whiskey-Review: Laphroaig 10

Hallo liebe Whiskeyfreunde. Als Menschen von Welt frönen wir den exquisiten, den feinen Dingen im Leben. Wir zollen ihnen in ihrer Einzigartigkeit Respekt, in dem wir uns die Zeit für sie nehmen. In einem Zeitalter des Perfektionismus, der Schnelllebigkeit und des latenten Imperativs ständiger Erreichbar- und Verfügbarkeit, üben wir uns in meditativer Entschleunigung, wenn wir alleine oder in guter Gesellschaft Whiskey verkosten.

Wenn wir das bernsteinfarbene Gold bedeutungsvoll in unseren Glencairn Gläsern schwenken, weil wir es uns beim Tasting oder in Videos abgeschaut haben. Wenn wir mit geschlossenen Augen langsam an dem gefüllten, bauchigen Glas riechen, die Aromen unsere Nasennebenhöhlen hinaufsteigen und Myriaden von Sinneseindrücken unser Assoziationsrepertoire sprengen, wenn das flüssige Bernstein unsere Zungen ummantelt.

Der Duft und Geschmack von feuchten Meeresalgen, süßlichen Stachelbeeren oder frisch geschnittenem Weidengras. Eine ausführliche Auflistung würde den Rahmen und die Intention dieser, ohnehin schon langatmigen, Einleitung sprengen, doch sei an dieser Stelle die philosophisch angehauchte Frage erlaubt, inwieweit wir diese Geschmäcker bereits wirklich gekostet haben und einen realitätsgerechten Vergleich aufstellen oder ob wir uns lediglich in selbstdarstellerische Phantasmen flüchten. Vielleicht müssen wir die reifen Birnen riechen, weil wir Connaisseurs sein wollen und die Internetbeschreibung unseres Whiskeys uns diese Voreindrücke bereits abnimmt? Doch einerlei, bei einem so höchst subjektiven Erlebnis, das in erster Linie Spaß bringen und die Sinne schärfen soll, will ich mir keine weiteren Behauptungen anmaßen. Denn schließlich wollte ich nur unser, also Dan und mein, Tastingerlebnis rechtfertigen. 

Der Laphroaig 10 

Bereits die grüne Flasche mit dem weißen Etikett versprüht ein maritimes Flair. Als ob sie einem Leuchtturm nachempfunden wurde, der über einer steilen Klippe ragt und den Gezeiten, den hohen, sturmflutartigen Wellen trotzt. Sie macht dem schottischen Islay Single Malt alle Ehre und verkörpert bereits mit dem ersten Eindruck seine Herkunft und verschafft einen kurzen Einblick in den Ort seiner Destillerie und Geschichte; den wilden schottischen Inseln.

Geruch

Dan entkorkte mit einem geräuschvollen Ploppen die Flasche und zuallererst rochen wir völlig unvoreingenommen an dem Korken. Anschließend an den 4 cl in unseren Gläsern. Er roch stark. Nach einem sumpfigen Moor, welches gut und gerne der Hauptschauplatz eines Steven-King-Horrorromans hätte sein können. Stark. Nach schwarzem, frisch asphaltierten Teer. Meine Assoziation einer gefährlichen, scharfkantigen Steinklippe verfestigte sich und wurde noch durch ein qualmendes Strandlagerfeuer erweitert. Ich beobachtete Dans konzentriertes Gesicht, als seine Augen plötzlich größer wurden, er mich mit einer fesselnden Dringlichkeit ansah und laut sagte: 

„Käfer! Der riecht exakt wie ein zerquetschter Käfer, den ich als Kind getötet habe!“ 

Geschmack

Das Geruchsäquivalent eines zerquetschten Käfers, in Form des Laphroaig 10, legt sich warm um die Zunge und schmeckt wahrlich vielfältig. Nach verbrannten Reifen, frisch gemähtem Rasen, nach frisch verdautem, modrigem Gras. Nach Schweiß durchtränktem Leder. Er ist intensiv, hart und rau. Er ist fordernd beim Trinken und gleichzeitig angenehm zum Gaumen. Der urtümliche, raue Geschmack wird von einer Art eingelegten Pflaumensüße komplementiert.

Abgang

Ich habe lange überlegt, wie ich den Abgang des Laphroaig 10 am adäquatesten beschreiben kann. Denn hier entfaltet er noch einmal seine geschmackliche Stärke und trumpft noch mit einer leicht salzigen Note auf. Unverkennbar. Lange überlegte ich, woher ich diesen Geschmack bereits kannte, bis es mir einfiel und ich es sofort wieder verdrängen wollte. Sperma. Die salzige Note des hellen Laproaigs schmeckt eindeutig nach Sperma. 

Fazit

Am Ende unseres Tastings erweist sich der Laphroaig 10 als erbarmungsloser, geschmacklich vielfältiger Whisky. Rau, wild, torfig und urtümlich schwappen seine Aromen mit einer Gewalt über die Zunge, als ob man an einem stürmischen Tag, auf einer felsigen Klippe das aufgewühlte Meer beobachtet und die Gischt einer, an den Klippen gebrochener, Welle ins Gesicht bekommt. Wer nach einem intensiven und interessanten schottischen Islay Whisky sucht, wird mit dem Laphroaig 10 vollständig bedient. Wer eher nach einem süßen, vollmundigen Whiskey sucht, der zum Träumen und Verweilen einlädt, wird enttäuscht werden. Denn so ist der Laphroaig 10 am Ende vergleichbar damit, wie wenn man nach einer wilden Nacht im Vollsuff eine heiße Barbekanntschaft abschleppt und von eben diesem One-Night-Stand den Lachs gebuttert bekommt. Erfrischend neu, leidenschaftlich, dunkel, befriedigend und wenn die Dame der Nacht nicht aufpasst und es GOTTVERDAMMT nicht hinkriegt den Schwanz im richtigen Winkel zu halten, einem eine salzige, weiße Welle um die Ohren fliegt.

Bis dahin, gehabt euch wohl, Krieger! Der Allvater mit euch! 

Grüße von Dennis & Dan

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