Irish Whiskey

Green Spot – Ein Träumchen

November 12, 2020
Whiskey-Review: Green Spot

Noch ganz am Anfang unserer wilden Entdeckungsreise durch die Welt der Whiskeys, als Dan und ich in alter Tradition des Sturm und Drangs beschlossen uns diesem neuen Hobby mit Leib und Leber zu widmen, sprach er bereits über den Green Spot. Er hatte ein YouTube Video über ihn gesehen und wollte ihn unbedingt ausprobieren. 

Wie immer, wenn Dan, euphorisch wie ein Hundewelpe aus dem Tierheim, der schwanzwedelnd sein neues Zuhause, Familie und Spielzeug bewundert, mit funkelnden Augen über ein Thema referiert und naive Begeisterungsfähigkeit aus jeder neuen Satzsalbe schwappt, begegnete ich dem Gesagten mit einer Portion kritischer Skepsis. Fruchtig soll er sein, aha. Nach karibischen Früchten schmecken. Gut, wenn es die Herrschaften auf YouTube denn so sagen, denen es ja natürlich nicht um Clicks und profitable Selbstdarstellung geht, dann ist es bestimmt auch so.

Ganz im Ernst: Bei all den inflationären, mit beschönigenden Adjektiven ausgeschmückten Geschmacksbeschreibungen und Lobpreisungen bin ich lieber vorsichtig, bevor ich mir nicht nur für 40 Euro aufwärts eine Flasche (vergessen wir nicht, was es ist) hochprozentigen Schnaps kaufe und mich schlussendlich auch noch selbst bescheißen muss, weil die Marketingabteilung und Influencer zwar hervorragende Werbearbeit geleistet haben, mein hochprozentiger Schnaps aber nicht nach Früchten, sondern, hmm, würgereizauslösendem Schnaps schmeckt.

Zum Glück ist nicht nur nicht (doppelte Verneinung ihr Leselegastheniker) alles Gold was glänzt, sondern es ragen tatsächlich wahre Kunstwerke aus den staubigen Wüsten des Einheitsbreis heraus. Der Green Spot ist, vorweggenommen, definitiv eines.

Der Green Spot

Das vielleicht charakteristischste Merkmal des Green Spots ist der namensgebende grüne Punkt, der lässig auf dem Korken der schönen Flasche thront und dem Whiskey einen Hauch einer Kunst Staffelei verleiht. (An dieser Stelle ignoriere ich, dass die Farbpunkte ursprünglich schlicht und funktional die verschiedenen Jahrgänge der Fässer markierten) Das gesamte Design der Flasche wirkt künstlerisch, offen und einladend. Zwar nicht so schön wie sein Pot Still Bruder Redbreast, doch immerhin. 7 von 10 Stylepunkten.

Geruch: 

Welch Erleichterung, man riecht auf Anhieb die gehobene Qualität dieses Whiskeys: Frische, fruchtige Noten verbinden sich mit alkoholischen Phenolen. Am deutlichsten erahnt man Apfel-, Birnen-, Honigmelonenaromen und tatsächlich einen Hauch Kokosnuss. Handelt es sich hierbei um eine priminginduzierte Assoziation? Wer weiß.

Geschmack:

Lecker. Der Green Spot schmeckt mild, erfrischend, klar und variantenreich. Der Fruchteindruck erinnert am ähnlichsten Apfel und Cidrenoten, so dass der Eindruck entsteht, gutbürgerlicher, wohlerzogener Apfelsaft oder Birnencidre hätten eine folgenreiche Liaison mit rebellischem Alkohol gehabt. Die Geschichte von Susi und Strolch, neuinterpretiert. Allen Geschmackskompositionen liegt des Weiteren ein holziges Aroma und eine dezente Schärfe zu Grunde, die den Gesamtgeschmack vollmundig komplementieren und abrunden.

Abgang:

Der Green Spot verklingt langsam, so dass seine Aromen noch lange nachhallen, wobei insbesondere die Alkoholnote und Holz dominieren.

Fazit:

Der Green Spot symbolisiert ohne Frage authentische Qualität, die es nicht nötig hat durch übertriebenes Marketing in unrealistische Stratosphären gelobt zu werden. Er schmeckt klar, abgerundet, vielfältig und lecker. Allein wie die fruchtigen Noten mit der zu Grunde liegenden Schärfe und Holznoten fusionieren, sollte jedem Whiskeyliebhaber zum Anlass geben, diesen Pot Still einmal zu testen und zu verkostet. Selbstverständlich richtet sich der Green Spot aufgrund seines Geschmacksprofils vorwiegend an Liebhaber irischer Whiskeys und doch bewegt er mich gerade dazu, einen Appell an all meine Mitmenschen zu richten: PROBIERT IHN! LECKER! Wir brauchen mehr Inklusion. Zwar bin ich kein überambitionierter, auf Provisionsbasis arbeitender, skrupelloser Versicherungsvertreter, doch den Green Spot würde ich sogar meiner Oma andrehen. Oder eurer Oma. Oder eurem Hamster.

Beste Grüße, mögen euch stets alle Coronaviren verfehlen

Euer Dennis & Dan

You Might Also Like

1 Comment

  • Reply Anonymous November 13, 2020 at 11:26 am

    Danke für diese ausführliche Rezension. Werde ihn mir bald einverleiben!

  • Leave a Reply