American Whiskey Bourbon

Elijah Craig Small Batch – Here we go again

August 27, 2020
Whiskey-Review: Elijah Craig Small Batch

I’ve been there before
And I’ll try it again
But any fool knows
That there’s no way to win

Ray Charles – Here We Go Again

Rey Charles veröffentlichte 1976 den titelgebenden Song und besang zu jazzigem Blues die Leiden eines Mannes, der in unverbesserlicher Torheit der Frau seines Herzens stets aufs Neue eine Chance gibt, obwohl er in den tiefsten Winkeln seiner Seele und Selbstachtung weiß, dass die romantische Beziehung zum Scheitern verurteilt ist. Besonders die wiederholten Antithesen aus again und one last time verdeutlichen die zeitlose Paradoxie menschlicher Emotionen, die wir doch nur allzu klar nachempfinden.

Jeder der schon einmal wahrhaftig geliebt hat weiß um den Wahnsinn, der uns befällt, wenn wir uns frisch verlieben, in welcher blendenden Intensität unser grauer Alltag erscheint. Dass strahlende Lächeln, das wir nicht mehr aus unseren Gesichtern bekommen, die einsetzende Schwerelosigkeit, das Gefühl von Unbesiegbarkeit. 

Und sollten wir nicht von Perfektion und statistisch unwahrscheinlichem Glück durchdrungen sein, so wissen wir ebenfalls um die Schattenseiten dieses instabilen Hormoncocktails. Routine, Eifersucht, Streitigkeiten, Entfremdung, Betrug. Der Nihilismus, der uns befällt, wenn unsere Beziehung nicht einvernehmlich endet, die einsetzende Panik, nie wieder einen gleichwertigen Partner zu finden, der uns einst so glücklich machte. 

Wir erleben Verlustängste biblischen Ausmaßes, geboren aus irrationaler Verzweiflung. Bevor, während und nach Beziehungen handeln und denken wir phasenweise wie wahnhafte Insassen einer geschlossenen Psychiatrie. Wieso sonst vergeben wir Seitensprünge? Betrügen? Wieso bleiben wir mit unseren Partnern zusammen, obwohl wir ganz genau wissen, dass sie uns nichts als Leid und Sorgen bereiten, uns benutzen oder gar psychisch, physisch und emotional schädigen? Weil wir an das Gute im Menschen glauben? Gemeinsames Haus und Kind besitzen? Uns an selbsterschaffene Illusionen klammern? Die Gründe sind vielfältig, komplex und höchst individuell. Doch bei aller Ehrlichkeit: Wer von sich selbst behauptet, in seiner Partnerschaft stets rational zu handeln, kann, nein muss vulkanische Gene in sich haben.

Zwar war er kein Vulkanier, doch sagt man einem ebenso intelligenten Vertreter der menschlichen Spezies folgendes Zitat zu:

Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.

Albert Einstein

Was also hat Whiskey mit Liebe und Wahn zu tun? So einiges, wenn man mich fragt, doch heute soll es schlicht um die Bestätigung jenes vereinfachten Sachverhalts gehen: 

Schon wieder testeten wir einen Bourbon. Schon wieder dachten wir, überrascht zu werden.

Der Elijah Craig Small Batch 

Er schimmert wie geschmolzenes Karamell oder dunkler Waldhonig, der in einer simplen Glasflasche eingerahmt wird und verzichtet sowohl auf aufwendige Werbetexte, als auch Verschnörkelungen. Bourbon-Style, in dessen Kontext einzig der Inhalt hervorgehoben wird.

Geruch

Spoilerwarnung: Der Elijah Craig Small Batch riecht komplexer, als er es tatsächlich ist. Er entfaltet den typisch karamellligen Bourbongeruch, der von einer vanilligen Note bekräftigt wird. Wir erahnten beim Geruchstest ebenfalls Honig und fruchtige Aromen, die an Orangen erinnerten. Besonders auffallend roch er nach ausgebranntem Holz, dessen Geruch förmlich die anderen Aromen übertünchte. Insgesamt brannte sich dieser 47 %tige Amerikaner scharf in die Nase. Die kalifornischen Waldbrände lassen grüßen.

Geschmack

Bourbon halt, nech? Der Vollständigkeit halber sei zu erwähnen, dass er nach Karamell und Mais schmeckt. Ha, welch Überraschung! Aber ernsthafte Verzweiflung bei Seite, der Elijah Craig Small Batch schmeckt würzig, nach schwarzem Pfeffer. Man spürt die intensiven Holzaromen, die erst mild und im Anschluss scharf und bitter die Geschmacksknospen erregen. Innerhalb seiner Schärfe entwickelt er zudem einen Anflug mentholig-minziger Variation.

Abgang

Im Abgang brennt der Elijah Craig Small Batch noch ein letztes Mal sauer und bitter auf, bevor er sich mit einer süßlichen Maisnote in die ewigen Jagdgründe verabschiedet. 

Fazit

Im Anschluss an unser Tasting hatten Dan und ich eine hitzige Diskussion. Er empfand den Elijah Craig Small Batch als leckeren, distinktiven Whiskey, für mich war es wieder einmal ein klassischer Bourbon mit minimaler Geschmacksindifferenz. Der Abgang erinnerte mich sogar an Sodbrennen, kann aber auch an meinen Chili-Knoblauch Garnelen liegen, die ich am Vortag gegessen hatte. Seis drum. Der Objektivität in Ehren sei ausdrücklich zu betonen, dass der Small Batch definitiv einen Charakter besitzt, der sich in einer holzigen Würzigkeit ausdrückt und ihn von anderen Bourbons unterscheidet. Als Zielgruppe des Elijah Craigs stelle ich mir assoziativ den stereotypischen Vorstadt-Holzfäller vor, der in blauer Arbeiterjeans, rot-schwarz gestreiftem Baumwollhemd, dichtem Vollbart und Brusthaar, mit seiner schweren Axt wuchtige Baumstämme in den Wäldern Kentuckys spaltet, abends in die Kneipe seines Vertrauens einkehrt, saftige Koteletts bestellt und als Nachspeise einen Berg Waffeln verputzt. Tag ein, Tag aus. 

Wer Bourbon mag, der in eine pfeffrige, würzigere und holzige Richtung geht, wird an diesem Whiskey ebenfalls Gefallen finden. Der Elijah Craig Small Batch schmeckt nicht schlecht, ist jedoch eher geradlinig und nicht komplex wie ein Eagle Rare. Vorsicht Sakrileg: In einer Colamischung oder on the rocks macht er sich bestimmt richtig gut. Für den puren Genuss sollte man es jedoch wie bei der Partnerwahl halten: 

Nicht mit dem Erstbesten zufriedengeben und weitersuchen, bis man was Besseres gefunden hat.

Beste Grüße, möge Odin mit euch sein

Dennis & Dan

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